Mein Leben
mit NDO
Es gibt Themen, über die man eher ungern spricht. Das Blasenmanagement und die damit verbundenen Herausforderungen gehört häufig dazu. Umso wichtiger ist es dieses Thema endlich zu enttabuisieren. Auf die Toilette gehen müssen wir schließlich alle.
Der NDO Blog
Von Mensch zu Mensch
Dieser Blog soll Betroffene einer neurogenen Detrusorüberaktivität unterstützen, zum Austausch anregen und nicht zuletzt einfach Spaß machen – ganz unverblümt und von Mensch zu Mensch.
Authentisch und aus dem wirklichen, meist nicht perfekten Leben, erzählt.
Rollstuhl Rugby – als ein Beispiel für Sport mit Handicap
Allgemeine Beiträge
Hi ihr lieben Leserinnen und Leser,
wie ist denn deine Einstellung in Bezug auf Sport? Bist du bereits sportlich aktiv, kannst dich gar nicht genug bewegen und bist dadurch auch fit und gesund? Oder gehst du eher in die Tendenz Couchpotato und versuchst möglichst keinen Schritt zuviel zu machen? Eventuell ist es auch eine Mischung aus beiden.
Ende 2018 war dies bei mir der Fall. Ich sitze an meinem In meinem Leben spielt Sport schon immer eine wichtige Rolle. Ich hatte meinen Unfall im Alter von 18 Jahren und habe davor Basketball, Fußball und Volleyball gespielt. Eine der großen Befürchtungen nach meiner Querschnittslähmung war, dass ich von nun an eventuell keinen Sport mehr ausüben kann. Umso interessierter habe ich geschaut, als im Querschnittszentrum in Bayreuth die dortige Rollstuhl Rugby Mannschaft trainiert hat. Ich kannte den Sport bis dahin nicht, und dachte mir gleich, das muss ich ausprobieren. Gesagt, getan. Die Mannschaft hatte noch einen Sportrollstuhl übrig, in den ich mich setzen durfte. Also ab aufs Feld und mitspielen, dachte ich mir. Nun musst du wissen, dass ich infolge meines Unfalls erst einmal 8 Wochen lang nur im Bett gelegen bin. Das bedeutet, dass mein Kreislauf im Keller war, dass die vorhandenen Muskeln völlig abgebaut haben und meine Ausdauer schlichtweg nicht vorhanden war. Bildlich kannst du die Situation so vorstellen: Während die anderen Spieler das Spielfeld auf und ab düsen, stehe ich in der Mitte des Spielfeldes, komme nicht hinterher und drehe mich mehr oder weniger im Kreis. Die Folge war erst einmal Frust.
Daraufhin habe ich Rollstuhl Rugby erst einmal ad acta gelegt und bin auf Tischtennis umgestiegen. In dieser Sportart konnte ich schneller erste Erfolge feiern und hatte dadurch auch mehr Spaß.
Viele Jahre später während meines Auslandssemesters in den USA bin ich dann allerdings wieder mit Rollstuhl Rugby in Verbindung gekommen. Ich habe dem Ganzen noch eine Chance gegeben, ehrlicherweise auch um in einem fremden Land erst einmal Anschluss zu knüpfen. Zu dem Zeitpunkt jedoch bin ich deutlich fitter, deutlich aktiver und deutlich ausdauernder. Das bedeutet ich kann mehr und mehr mithalten, finde mehr und mehr Gefallen an der Sportart und trage mehr und mehr zum Teamerfolg bei. Nach dem Auslandssemester stellt sich für mich also die Frage: Wie kann ich Rollstuhl Rugby auch hier in Deutschland intensiv betreiben?
Ich wohne in Würzburg und der nächste Rollstuhl Rugby Verein ist über 100 km entfernt. Zudem habe ich noch keinen eigenen Sportrollstuhl, der eben auch entsprechend teuer ist.
Zum einen habe ich mich dazu entschieden, in Bayreuth in den Verein einzutreten, um dort auf Regionalliga Niveau zu starten. Hierzu findet einmal in der Woche am Samstag das dortige Training statt. Zum Glück hatte ich zum damaligen Zeitpunkt bereits ein Auto und konnte selbstständig dort hinfahren. Darüber hinaus habe ich unter der Woche in Würzburg mit den Rollstuhlbasketball Spielern trainiert und zusätzlich selbst Ausdauer- und Krafttraining gemacht.
Zum anderen habe ich meine Krankenkasse und verschiedene Fördervereine angeschrieben, in der Hoffnung dass ich dort finanziell beim Kauf meines Sportrollstuhls unterstützt werde. Denn solch Sportrollstuhl kostet in der Regel einen hohen vierstelligen Betrag. Letztlich hatte sich hier mein Fleiß und mein Durchhaltevermögen ausgezahlt und ich konnte weit über die Hälfte der Kosten für den Sportrollstuhl gefördert bekommen.
Somit stand also meinem neuen Hobby nichts mehr im Weg und ich habe dadurch auf verschiedenste Art und Weise profitiert. Zum einen bin ich schlicht und ergreifend deutlich fitter geworden, das bedeutet, dass ich meinen Alltag als viel leichter und angenehmer empfunden habe. Des Weiteren waren wir mit unserem Verein deutschlandweit auf Spieltagen und Turnieren unterwegs. Dadurch musste ich lernen trotz meines Handicaps zu reisen, in fremden Hotelzimmern zurechtzukommen und möglichst flexibel zu sein. Gerade hier habe ich mir viel bei den anderen Rollstuhl Rugby Spielern abgeguckt: Wie fahren Sie Auto? Wie kommen sie selbstständig ins Bett? Wie ziehen sie sich Ihre Hose an? Wie funktioniert der Toilettengang auch in einem Hotelzimmer? Und wie führen sie zum Beispiel auch eine Beziehung? Das sind alles Fragen auf die ich von meinen Teamkollegen viele verschiedene Antworten bekommen habe. Denn das Schöne ist, dass die Rugbyspieler sehr aktive und probierfreudige Rollstuhlfahrer sind, die sehr gut mit ihrem Leben und ihrem Handicap zurechtkommen. Das heißt, hier konnte ich unglaublich viel lernen und auf meinen Alltag anpassen. Alleine diese Erfahrungen sind goldwert.
Darüberhinaus war es unglaublich schön, ein Teil eines funktionierenden und gewinnenden Teams zu sein. Hier ist mein altes Sportlerherz und Teamsportherz wirklich aufgeblüht.
Ich habe es somit auf ganzer Linie von meinem neuen Hobby profitiert und konnte nach und nach auch immer mehr Erfolge feiern bis ich schließlich in der Bundesliga und in der Nachwuchsnationalmannschaft angekommen war.
Das muss natürlich nicht der Anspruch bei deinem Sport sein. Aber du wirst sehen, wie du auf verschiedenste Art und Weise davon profitierst, wenn du den Schritt wagst und dich an eine neue Sportart ran traust. Hierbei wünsche ich dir ganz viel Erfolg.
Alles liebe,
Sebastian
Sebastian Wächter
Sebastian
32 Jahre
Rollstuhl-Rugby-Spieler
Profil
Ein falscher Schritt beim Wandern wird Sebastian Wächter zum Verhängnis. Er stürzt und bricht sich das Genick. Diagnose:
Querschnittslähmung. 95 Prozent seiner Muskeln sind betroffen. Und das mit 18 Jahren...
Bitte beachten Sie, dass die hier enthaltenen Informationen lediglich als Orientierungshilfe dienen und das ärztliche Gespräch nicht ersetzen können.