Mein Leben
mit NDO

Es gibt Themen, über die man eher ungern spricht. Das Blasenmanagement und die damit verbundenen Herausforderungen gehört häufig dazu. Umso wichtiger ist es dieses Thema endlich zu enttabuisieren. Auf die Toilette gehen müssen wir schließlich alle.

Der NDO Blog

Von Mensch zu Mensch

Dieser Blog soll Betroffene einer neurogenen Detrusorüberaktivität unterstützen, zum Austausch anregen und nicht zuletzt einfach Spaß machen – ganz unverblümt und von Mensch zu Mensch.
Authentisch und aus dem wirklichen, meist nicht perfekten Leben, erzählt.


Ernährung mit Querschnittslähmung - Was mir gut tut

Allgemeine Beiträge

 

Hallo liebe Leserinnen und Leser,

häufig werde ich von Menschen (die meist kein Handicap haben) gefragt, was die größte Herausforderung oder die größte Einschränkung an einem Leben mit Querschnittslähmung sei. Dabei erwarten diese Leute oft eine Antwort, die in einer der folgenden Richtungen geht:

  • meine früheren Sportarten nicht mehr machen zu können
  • einen passenden Beruf zu finden
  • Herausforderungen beim Reisen, die ständigen Barrieren durch Treppen und Stufen oder Ähnliches….

Aus meiner Erfahrung heraus und auch laut Feedback von vielen anderen Querschnittsgelähmten sind es aber eben nicht diese Herausforderungen, die mit dem Rollstuhl an sich und der damit verbundenen eingeschränkten Mobilität zu tun haben. Für die wenigsten Betroffenen verhindert der Rollstuhl an sich ein aktiv und glückliches Leben zu führen. Sondern in aller Regel sind es die unsichtbaren Probleme, die unschönen Begleiterscheinungen einer Querschnittslähmung, die die größten Herausforderungen darstellen:

  • Blasenmanagement
  • Darmmanagement
  • Druckstellen
  • Schulter- und Nackenschmerzen

Falls es hier in einem oder mehreren Bereichen zu Problemen kommt, dann wird es unheimlich schwer, ein aktives und glückliches Leben im Rollstuhl zu führen.

Wie bekomme ich also diese potenziellen Problemstellen in den Griff? Wie habe ich sie bisher in den Griff bekommen?

Einer der wichtigsten Punkte, wenn nicht sogar der wichtigste Punkt hierbei war es, auf meine Ernährung zu achten und diese sukzessive umzustellen. Zu Beginn meiner Behinderung hatte ich immer wieder Probleme mit den Darmmanagement. Mein Darm wollte einfach nicht so wie ich und vor allem nicht dann, wann ich wollte…
Infolgedessen habe ich meine Essenszeiten und auch mein Essen selbst an meine Abführtage angepasst. Meine Abführtage sind Montag, Mittwoch und Freitag morgens. Deshalb habe ich zuerst beschlossen, am Vorabend dieser Abführtage ab 18:00 Uhr nichts mehr zu essen. Zudem sollte diese letzte Mahlzeit vor dem Abführen leicht bzw. schnell verdaulich sein. Das bedeutet in meinem Fall in der Regel Brotzeit oder Suppe. Dadurch haben sich die „Probleme“ nach dem Abführen deutlich reduziert. Zudem lasse ich das Frühstück an den Abführtagen selbst komplett entfallen, um Magen und Darm etwas Zeit zur Beruhigung zu geben. Bei dem dann folgenden Mittagessen setze ich auf leicht verdauliche Speisen wie Suppen, Joghurt oder leichte Nudelgerichte. Das bedeutet, dass ich deftige Gerichte auf Montag, Mittwoch oder Freitag Abend beziehungsweise Dienstag, Donnerstag oder Sonntag Mittag liege. Natürlich heißt das auch immer Disziplin und Einschränkung bei meinen Mahlzeiten, aber der Rhythmus tut mir gut und sorgt dafür, dass mein Darm „mitspielt“. Am Samstag ist dann der sogenannte „Cheat Day“: Hier esse ich, was ich will und wann ich will 😊 Letztlich habe ich also meinen Essensrhythmus meinem Abführrhythmus angepasst.
Darüber hinaus versuche ich, kleinere Mahlzeiten und dafür häufiger zu essen. Insbesondere ein opulentes Frühstück tut mir nicht wirklich gut. Deshalb teile ich oft das Frühstück auf in eine Kleinigkeit frühmorgens und eine Kleinigkeit gegen 10:00 Uhr. Auch am Nachmittag versuche ich gegen 15:00 Uhr noch eine Kleinigkeit zu essen und dafür das Mittagessen etwas kleiner ausfallen zu lassen. Für diese Zwischenmahlzeiten entscheide ich mich oft für einen Apfel oder eine Banane oder einen Müsliriegel oder einen Proteinshake. Dadurch habe ich über den Tag verteilt genügend Energie ohne einen Blähbauch zu haben.

Des Weiteren möchte ich den Zuckergehalt meines Essens und die Anzahl der Tage, an denen ich Fleisch esse, weiter reduzieren. Das senkt die Entzündungswerte, was Harnwegsinfektionen und Gelenkschmerzen entgegenwirkt. Hierdurch wird mein Alltag ein ganzes Stück angenehmer und die Krankheitstage gehen zurück. Aber auch langfristig möchte ich auf jeden Fall jegliche Form von Diabetes vermeiden, insbesondere im Hinblick auf Druckstellen. Deshalb versuche ich auch, den Alkoholkonsum auf das Wochenende zu beschränken. Zu guter Letzt schwöre ich noch auf verschiedene Tee Sorten, die mir guttun: Nieren- und Blasentee, Kamillentee, Magen- und Darmtee und viele andere.

All diese Anpassungen und Einschränkungen bei meiner Ernährung hören sich dramatischer an, als sie aus meiner Sicht sind. Denn zum einen habe ich mich inzwischen daran gewöhnt. Zum anderen tun sie mir schlicht und ergreifend gut und erlauben mir trotz Querschnittslähmung ein möglichst aktives und glückliches Leben zu führen. Das ist es mir definitiv wert.

Sicherlich gibt es auch bei mir Tage, an denen ich mich aus Termingründen nicht an meinen Rhythmus halten kann oder es gibt Tage, an denen ich mich einfach nicht an meinem Plan halten möchte. Die Quittung lässt dann aber oft nicht lange auf sich warten… Eine dieser eingangs angesprochenen unsichtbaren Probleme meldet sich dann zu Wort und meckert 😊 Falls du aktuell nicht so aktiv sein kannst, wie du gerne wärst, weil Blase, Darm, Haut und Co. dir Probleme machen, dann kann ich dir nur empfehlen, deine Ernährung etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Vielleicht kann der ein oder andere Tipp meinerseits dir auch weiterhelfen.

Sebastian Wächter

Sebastian

32 Jahre

Rollstuhl-Rugby-Spieler

Profil

Ein falscher Schritt beim Wandern wird Sebastian Wächter zum Verhängnis. Er stürzt und bricht sich das Genick. Diagnose:
Querschnittslähmung. 95 Prozent seiner Muskeln sind betroffen. Und das mit 18 Jahren...

Bitte beachten Sie, dass die hier enthaltenen Informationen lediglich als Orientierungshilfe dienen und das ärztliche Gespräch nicht ersetzen können.